Medizintechnik zum Anfassen: Ein Ultraschallgerät zieht in die Lerninsel ein

Willkommen in der Online-Vorlesung „Einführung in die Ultraschalltechnik“, in der ich Ihnen heute die theoretischen Grundlagen näher bringen werde. Gäähn… es ist noch früh am Morgen – du sitzt mit deinem aufgeklappten Laptop an der Bettkante und hast dich eben in die Online-Vorlesung eingeloggt.  So oder so ähnlich haben wir das wohl alle in den letzten Semestern während Corona erlebt. Natürlich, du weißt, dass ein Ultraschallgerät durch den piezoelektrischen Effekt Ultraschallwellen in einem Bereich von einigen Megahertz aussendet, welche dann wieder reflektiert und gemessen werden und… erstmal Zeit für einen Kaffee. Wie das in der Praxis aussieht? Keine Ahnung.

Wir als Fachschaft sind der Meinung, das Studium ist mehr als nur graue Theorie. Gerade in den ersten Semestern gibt es wenige Praktika, bei denen man mit medizintechnischen Geräten in Berührung kommt und etwas selbst ausprobieren kann. Wir freuen uns immer, wenn wir neben unseren Partys und anderen Veranstaltungen auch die Lehre ergänzen können, z.B. durch unsere Exkursionen zur Medizintechnikmesse MEDICA, zu Unternehmen wie Ceramtec oder Erbe Elektromedizin. Leider mussten wir pandemiebedingt auch hier vieles in der Vergangenheit absagen oder auf Online-Veranstaltungen umschwenken.

Trotzdem schauen wir optimistisch in die Zukunft, denn: Die Lerninsel ist mit Voranmeldung wieder geöffnet und unser FabLab-Betrieb startet bald. Hier gibt es tolle Neuigkeiten zu verkünden: Wir haben ab sofort ein eigenes Ultraschallgerät! Wir haben das Ultraschallgerät über medizintechnikmarkt.de angefragt und das dazugehörige Unternehmen Medizinio hat uns dieses großzügigerweise kostenlos für unser FabLab zur Verfügung gestellt! Durch die guten Kontakte des Unternehmens konnten sie uns das Gerät schnell und zügig vermitteln und schickten es sogar per Spedition direkt an die Haustüre der Lerninsel. Vielen Dank dafür!

Danke an Medizinio: Das Logiq 200 von GE Medical Systems in seiner vollen Pracht – ein Klassiker unter den Ultraschallgeräten.

Wir haben dadurch als MedTechs die tolle Gelegenheit, selbst erste Erfahrungen im Bereich der bildgebenden Sonografie zu sammeln und ganz praktisch die Funktionsweise eines Ultraschallgeräts nachzuvollziehen. Sobald wir das FabLab und die Lerninsel wieder vollständig öffnen dürfen, wollen wir zusammen mit unseren Lerninsel-HiWis Einführungskurse in entspannter Atmosphäre anbieten – stay tuned!

Zur Einstimmung und zur Vorbereitung, möchten wir euch bei dieser Gelegenheit etwas über den Hintergrund und die derzeitigen Entwicklungen in der Forschung zu Ultraschallgeräten mitgeben. Denn hier gibt es spannende Entwicklungen. Aber lest selbst:

Die Zukunft der Ultraschallgeräte: KI, Ergonomie, Mobilität

Der österreichische Neurologe K. Th. Dussik machte die Sonographie 1938 erstmalig medizinisch nutzbar. Seit jener Zeit haben sich Ultraschallgeräte stetig fortentwickelt und sind mit den Damaligen kaum mehr zu vergleichen. Künstliche Intelligenz, automatische Bildinterpretation oder tragbare Hand-Ultraschallgeräte sind die Trends der Zukunft und sind vereinzelt jetzt schon Realität.

Die Vorzüge von KI (künstliche Intelligenz), also die Übernahme menschenähnlicher Intelligenzleistung durch Maschinen, macht man sich bereits in vielen Branchen zunutze, allen voran die Medizintechnik. Bezogen auf Ultraschallgeräte mit KI-Technologie erfahren Ärzte und Patienten durch diese Innovation u.a. folgende Vorteile:

  • Zügigere Erfassung und Verarbeitung von diagnostischen Daten und Laborwerten
  • Hilfreich u.a. bei der Krebsfrüherkennung: automatische Hervorhebung bösartiger Läsionen
  • Frühzeitige Ableitung einer adäquaten Therapie zugunsten der Patientengesundheit
  • Automatisierung der Bildinterpretation (Bildparameter, Orientierungspunkte, Beschriftungen usw.)
  • Effizienzsteigerung: Verkürzung der Untersuchungsdauer
  • Arbeitsentlastung des Arztes, Stressreduzierung
  • Ausmerzung menschlicher Messfehler durch standardisierte Messgenauigkeit (nützlich u.a. bei der fetalen Echokardiographie)

Bis jetzt werden die kostenintensiven KI-gestützten Ultraschallgeräte vorwiegend in spezialisierten Praxen/Kliniken eingesetzt, nicht jedoch in der klassischen Hausarztpraxis. In weniger entwickelten Märkten sind sie ebenfalls nicht weit verbreitet. In technischer Hinsicht charakterisiert sich die KI in Ultraschallgeräten durch dedizierte Punktlösungen, also spezifischen Anwendungsfällen. Langfristig könnte sich diese Technologie zu einer ganzheitlichen Lösung sämtlicher sonographischer Fachbereiche entwickeln. Dementsprechend steckt noch viel Potenzial in dieser Trend-Technologie.

Das Schallen eines Patienten mit einem Ultraschallgerät ist körperlich belastend für den Arzt. Er/Sie muss sich über den Patienten beugen und gleichzeitig den Ultraschallkopf auf die zu untersuchende Körperstelle drücken. Etwa 80–95 % aller Ultraschall-Ärzte leiden unter arbeitsbedingten Schmerzen. Diese Zahlen sind den Geräteingenieuren bekannt, sodass diese die Ergonomie mit in die Konzeption von Sonographiegeräten einfließen lassen:

  • höhenverstellbare Ultraschallgeräte
  • beweglicher Monitor
  • erweiterbare Tastatur
  • Gewichtsreduktion
  • Touch-Screen
  • individuell programmierbare Tasten

Waren Ultraschallgeräte damals eher sperrig und unflexibel, so lassen sich sonographische Untersuchungen mittlerweile auch mit tragbaren Hand-Ultraschallgeräten durchführen. Diese Handhelds sind in etwa so groß wie ein Smartphone und damit deutlich leichter und mobiler als ein herkömmliches Gerät. Sie können bequem zum Einsatzort (Point Of Care, POC) transportiert werden und frühzeitig diagnostische Informationen ermitteln. Dies wirkt sich vor allem im Rettungsdienst von Vorteil aus, da der Notarzt vom Unfallort aus die diagnostischen Daten per Internet (Tele-Ultraschall) an das nächstgelegene Krankenhaus senden kann, sodass das dortige Personal bereits vor Ankunft des Patienten über den Sachverhalt im Bilde ist.

Neben dem präklinischen kommen die tragbaren Ultraschallgeräte auch im innerklinischen Bereich zum Einsatz. Vor allem während der COVID-19-Pandemie haben sich Hand-Ultraschallgeräte bewährt:

●            Patient und Ultraschallgerät müssen nicht/weniger bewegt werden

●            Beschleunigung der Patientenbehandlung und Eindämmung von COVID-19

●            geringere laufende Kosten als ein konventionelles Ultraschallgerät

Die Pandemie fungiert als Katalysator für die Verbreitung von Handhelds, zumal die Menschheit auch zukünftig nicht vor weiteren Infektionskrankheiten gefeit sein wird.